Dankbarkeit

Die Printausgabe vom Westfalen-Blatt hatte es heute in sich. Süleyman Koç gab ein Interview und ließ nicht nur durchblicken, dass er mehr als unzufrieden damit ist nicht in der 1. Bundesliga zu spielen, sondern äußert sich auch zum Thema Dankbarkeit gegenüber den Fans.

Dass ich den Fans eine Freude bereite, wenn ich bleibe, interessiert mich nicht. (Westfalen-Blatt, 09.07.2015)

Puh! Das Fußballgeschäft ist hart, das wissen wir alle. Wenn Süleyman Koç in einem Interview sagt, dass es ihm darum geht Geld für seine Familie zu verdienen und uns keine Freude bereiten möchte, ist das meinetwegen die Wahrheit und vollkommen okay. Auch muss er nicht aus Dankbarkeit beim SC Paderborn 07 bleiben. Was aber gar nicht geht, sind anmaßende Äußerungen wie:

Unsere Fans müssen Dankbarkeit zeigen. (Westfalen-Blatt, 09.07.2015)

Wir müssen das also und die Spieler nicht? Klar bin ich dankbar für die Unterhaltung und die Emotionen, die man mir liefert, aber umgekehrt halte ich es für angemessen, wenn die Spieler mir wenigstens die Illusion verkaufen auch für unsere Unterstützung dankbar zu sein. Ich gebe eine Menge Geld für Fußball aus und finanziere mit vielen anderen Fans zusammen das Leben, was die Spieler führen. Ein wenig mehr Demut wäre in jedem Fall angebracht, denn ohne Fans könnte kein Spieler seine Rechnungen bezahlen.

Ich bin gespannt, wie dankbar sie in der 2. Liga sind und ob sie auch hinter uns stehen. Dann können auch wir Spieler Dankbarkeit zeigen. (Westfalen-Blatt, 09.07.2015)

Offensichtlich versteht Süleyman Koç Fußball-Fans nicht mal im Ansatz. Er fragt sich ernsthaft, ob die Fans nach dem Abstieg hinter der Mannschaft stehen werden? Zur Erinnerung: Als der SV Babelsberg mit ihm aus der 3. Liga in die Regionalliga abgestiegen ist, kamen im Schnitt statt 3.090 zwar nur noch 2.440 Zuschauer, aber alleine gelassen wurden die Spieler sicher nicht. Von daher muss er nicht gespannt sein, ob die Fans noch hinter der Mannschaft in Liga 2 stehen werden. Das wird garantiert der Fall sein.

Der Frust scheint jedenfalls groß zu sein und ich frage mich, wie sich das auf seine Leistung in der nächsten Saison auswirken wird. Ich hoffe jedenfalls, dass er auf dem Platz professioneller auftritt, als in diesem Interview.

[Nachtrag, 09.07.2015 19:45 Uhr] Auf Facebook befindet sich ein Statement von Süleyman Koç zum Interview (inzwischen offline).

3 Gedanken zu “Dankbarkeit

  1. Aus dem Interview war reichlich Verbitterung herauszulesen. Darüber, dass a) der HSV die 2,5 Mil. nicht zahlen wollte und b) der SCP kein niedrigeres Angebot akzeptieren wollte. Es hat außerdem noch mal die Mechanismen im Fußballgeschäft offenbart. Auf der einen Seite entnimmt man deutlich mehr aus diesem anderem, „ehrlichen“ Interview, ohne die üblichen Phrasendrescherei und Floskeln. Auf der anderen Seite hat Koc ein ordentliches Eigentor geschossen und scheinbar nicht darüber nachgedacht, von was er da faselt.

    Die Gegendarstellung soll entschuldigen, wirkt aber vom (PR-)Berater verfasst und wenig authentisch. Dass das WB falsch zitiert hat und alles aus dem Kontext gerissen hat, halte ich für Quatsch. Scheinbar hat sich da jemand ordentlich in Rage geredet und versucht sich nun, aus dem Sumpf zu ziehen. Gerne würde ich allerdings das komplette, aufgezeichnete Interview hören wollen, um den Wahrheitsgehalt einschätzen können.

    Die Personalie Koc hat zumindest eine Macke erhalten. Seine Aussagen werden im Hinterkopf schwirren, aber auch ein gewisser Proschwitz hat sich damals an jeder Stelle öffentlich angeboten. Es wurde ihm verziehen, weil er Leistung gebracht hat. Koc steht nun in der Bringschuld! Was zählt, ist nur noch Leistung.

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  2. Für mich klingt das nach einem dieser Auswüchse des durchdrehenden Fußballunterhaltungsbetriebs. Dankbarkeit ist für mich in keine Richtung eine Kategorie, die im Fußball was zu suchen hat. Das ist pure Ideologie, die das Geschäft zudeckt. Und witzigerweise sowohl bei Sportler als auch bei Fans. Das gehört zu den Widersprüchen dieses Betriebs. Mein Ärger wird inzwischen immer größer, wenn so viel emotionaler Gehalt von allen Seiten beschworen wird. Indirekt macht man sich damit noch wichtiger, als man sich ohnehin schon fühlt. Du siehst mich gerade in diesem Ärger ein wenig eintauchen. ;-) Ich höre besser auf.

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  3. Pingback: #Link11: Game Face | Fokus Fussball

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